Grundsätze der Liberalen Arbeitnehmer Sachsen e.V.

Präambel

Liberale Arbeitnehmer (LAN) treten für mehr soziale Gerechtigkeit ein und bekennen sich zur sozialen Marktwirtschaft. Sie sind gegen soziale Kälte und den einseitigen Abbau des Sozialstaates. Liberale Arbeitnehmer wollen den Reformstau bei den Sozialversicherungssystemen überwinden helfen und die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger stärken sowie eine Basis für einen breiten partnerschaftlichen Konsens aller Akteure auf dem Arbeitsmarkt schaffen.

Zwanzig Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands und inmitten der schwersten Wirtschafts- und Finanzkrise seit achtzig Jahren sehen wir es als notwendig an, neben der Neuordnung der Regeln auf den internationalen Finanzmärkten für den Beginn einer neuen Ära, für bessere Rahmenbedingungen in der Zusammenarbeit von Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmern und Arbeitgebern einzutreten.

Drei Dinge sind in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder deutlich geworden:

1. Arbeitnehmer sind die Hauptleidtragenden der willkürlichen und ungerechten staatlichen Abgaben– und Steuerpolitik. Die von ihnen zu tragende Steuer- und Abgabenlast ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen, ohne dass ein Ende dieser Spirale absehbar ist.
2. Die in den vergangenen Jahren ausgehandelten Tarifverträge haben mehrheitlich gezeigt, dass allen voran die Gewerkschaften ihre Rolle als Vertreter der Arbeitnehmer nicht mehr zufrieden stellend ausfüllen. Stattdessen baden viele Gewerkschaftsfunktionäre in öffentlicher Aufmerksamkeit und vernachlässigen zudem ihre eigentliche Aufgabe: Die Wahrnehmung der Interessen aller Beschäftigten auch derer ohne Beschäftigung.
3. Aspekte der Arbeitslosigkeit finden bei Tarifauseinandersetzungen zu wenig Berücksichtigung.

Uns vereint, Anwalt derer zu sein, die in ihren Unternehmen keine ausreichende Lobby (Betriebsrat, Sprecher oder Gewerkschaft) haben. In Sachsen sind dies immerhin die große Mehrheit aller Arbeitnehmer. Wir wollen eine neue Brücke schlagen zwischen den Beschäftigten und den Arbeitgebern. Eine Brücke, die auf neuen Fundamenten fußt und sich nicht in erster Linie über das Vorhandensein von Gewerkschaften definiert.

Für uns ist der Alleinvertretungsanspruch der Gewerkschaften für die Interessen aller Arbeitnehmer überholt!

Programm der

Liberalen Arbeitnehmer Sachsen e.V.

Sozialer Fortschritt mit Verantwortung!

A. Einleitung

Liberale Arbeitnehmer Sachsen (LAN) treten für soziale Gerechtigkeit ein und bekennen sich zur sozialen Marktwirtschaft. Sie sind gegen soziale Kälte und einseitige Belastungen der Akteure am Arbeitsmarkt. Im Vordergrund unseres Handelns steht die ausgewogene Stärkung unseres Sozialstaates, um für alle Bürgerinnen und Bürger Wohlstand zu sichern. Die Liberalen Arbeitnehmer setzen sich für die Stärkung der Eigenverantwortung der Bürger/innen ein, um eine breite Basis für einen partnerschaftlichen Konsens aller Akteure auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen.
Liberale Arbeitnehmer sind der festen Überzeugung, dass es ohne Arbeitnehmer auch keine Unternehmer geben kann. Vor diesem Hintergrund treten wir für ein beiderseitiges, faires, partnerschaftliches Miteinander ein. Das bedeutet gerade in der heutigen Zeit, dass ein zum Leben ausreichender Lohn – der die umfassende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht – im Mittelpunkt der Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer stehen muss.

B. Politikfelder

I. Arbeitsmarktpolitik

1. Grundsätzliches
Trotz konjunktureller und geopolitischer Unsicherheiten befindet sich der deutsche Arbeitsmarkt in guter Verfassung. Um die Erwerbsbeteiligung jedoch weiter zu erhöhen und die Arbeitslosigkeit dementsprechend zu senken, fordern die Liberalen Arbeitnehmer eine verstärkte Nutzung von flexiblen Beschäftigungsformen, um den Flexibilitätsanforderungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern entgegenzukommen. Nach unserer Überzeugung tragen diese Beschäftigungsformen zur derzeitigen guten Arbeitsmarktlage bei und fördern zudem den Aufbau von sog. Normalarbeitsverhältnissen.
Die bisherigen gesetzgeberischen Initiativen der Bundesregierung zur Senkung der Arbeits-losigkeit, insbesondere der Langzeitarbeitslosigkeit werden grundsätzlich begrüßt. Allerdings ist hierbei anzumerken, dass für die historisch hohe Erwerbsbeteiligung und die niedrige Arbeitslosenquote in Deutschland weniger die Bundesregierung, sondern vielmehr die sehr gute wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre verantwortlich ist.
Im Kampf gegen Langzeitarbeitslosigkeit und deren Ursachen fehlen der Bundesregierung bislang die richtigen Konzepte. Allein die Verstärkung bzw. Ausdehnung öffentlich geförderter Beschäftigung kann hierbei nicht ausreichen. Erforderlich ist vielmehr ein Bündel von arbeitsmarkt- und bildungspolitischen Maßnahmen. Diese müssen sich am Bedarf der Wirtschaft orientieren: Die Informations- und Kommunikationstechnologien sind bereits heute für Wirtschaft, Behörden und private Kommunikation unverzichtbar. Die Digitalisierung des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens steht erst am Anfang. Um die Chancen für Deutschland zu nutzen und Herausforderungen frühzeitig zu begegnen, muss der digitale Wandel, insbesondere der Arbeitswelt aktiv gestaltet werden. Entscheidend für die Innovations- und Wachstumsmöglichkeiten der Unternehmen – und damit auch der Schaffung von neuen Arbeitsplätzen – im digitalen Bereich und für die Digitalisierung der Industrie und der Wirtschaft in Deutschland sind vor allem flexible Gestaltungsräume, verlässliche Rahmenbedingungen, gute und faire Arbeitsbedingungen, eine exzellente und sichere Infrastruktur sowie hervorragend ausgebildete in- und ausländische Fachkräfte.

2. Fachkräftesicherung
Nachdem Wirtschaftskrisenjahr 2009 war die Zuwanderung ausländischer Fachkräfte nach Deutschland rückläufig; sie stieg bis 2012 wieder an. Hauptherkunftsländer waren insbesondere Indien, die Vereinigten Staaten, Bosnien-Herzegowina und China.1
Die Nachfrage nach Fachkräften wächst in Deutschland stetig. Gleichzeitig sinkt das Angebot an Fachkräften infolge des demografischen Wandels. Die Fachkräftesicherung bleibt daher ein Schlüsselthema der deutschen Wirtschaft und eine der größten Herausforderungen.
Derzeit liegt nach Aussage des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales in Deutschland zwar kein akuter flächendeckender Fachkräftemangel vor, allerdings treten bereits heute in einzelnen Qualifikationen, Regionen und Branchen Arbeitskräfteengpässe auf. Die Zahl der Engpassberufe lag im Dezember 2014 bei 19 betroffenen Berufsgruppen, insbesondere Gesundheits- und Pflegeberufe sowie technische Berufe. Dazu zählen Berufe, die eine Berufsausbildung (z. B. Energietechniker oder Altenpfleger) oder eine Hochschulausbildung (z.B. Maschinenbauer oder Humanmediziner) erfordern.
Die Liberalen Arbeitnehmer sind der Überzeugung, dass die deutsche Wirtschaft nur dann leistungsstark und wettbewerbsfähig bleibt, wenn wir uns den neuen technologischen Herausforderungen stellen; nur dies sichert eine hohe Erwerbsbeteiligung. Daher müssen wir in die Kompetenzen der Beschäftigten, in gute Arbeitsbedingungen, in Qualifizierung und Weiterbildung und in eine moderne Arbeitszeitpolitik investieren.
Um eine hohe Erwerbstätigenquote zu gewährleisten, muss zunächst dem zunehmenden Analphabetismus entgegengewirkt werden. Bestehende Defizite im Schulsystem müssen beseitigt werden, sodass die Unternehmen ausbildungsreife Schüler/innen ausbilden können. In diesem Zusammenhang muss der Anteil der Schulabbrecher und der frühen Schulabgänger/innen nachhaltig gesenkt.
Für die Liberalen Arbeitnehmer bleibt die Fachkräftesicherung eine der zentralen Aufgaben. Damit verbunden ist die Integration der Zuwanderer in den Arbeitsmarkt und die Gewährleistung motivierender Arbeitsbedingungen. Zudem gilt es das Potential von arbeitswilligen und meist gut ausgebildeten Frauen zu heben: Eine erhöhte Erwerbsbeteiligung der Frauen muss mit bedarfsgerechten Angeboten an sie erfolgen. Dazu zählen ausreichende Betreuungsplätze mit flexiblen Betreuungszeiten und Arbeitszeiten, die die Balance zwischen Familie und Beruf unterstützend flankieren.
Darüber hinaus treten die Liberalen Arbeitnehmer für eine noch stärkere Erwerbsbeteiligung von älteren Arbeitnehmer/innen ein. Es gilt, dass Know-how der Älteren zu sichern und zugleich ihnen die Möglichkeit zu geben, länger im Erwerbsleben zu verbleiben. Rentenpolitische (Frühverrentungs-)Konzepte, die die Absenkung des Renteneintrittsalters unter das 65. Lebensjahr vorsehen, sind falsch und abzulehnen. Sie führen nicht nur zu einer unzulässigen Belastung der jüngeren Generationen, sondern fördern den Abgang von Fachkräften; sie verschärften den abzusehen Fachkräftemangel mit nicht abzusehenden Folgen und zusätzlichen Kosten für die deutsche Gesellschaft. Sie dienen auch nicht der Sicherung eines hohen Beschäftigungsstandes und gefährden somit den Wohlstand in Deutschland.

3. Öffentlich geförderte Beschäftigung
Öffentlich geförderte Beschäftigung kann helfen Langzeitarbeitslosen eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Sinnvoll eingesetzt kann öffentlich geförderte Beschäftigung dazu beitragen, strukturelle Formen von Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Aus Sicht der Liberalen Arbeitnehmer darf die öffentlich geförderte Beschäftigung aber nicht Mittel zum Selbstzweck werden; es sind vielmehr die Ursachen dieses komplexen Problems zu bekämpfen. Bestehende arbeitsmarktpolitische Programme bzw. Maßnahmen sollten daher auf ihre Effizienz und Erfolg überprüft und ggf. neu ausgerichtet werden. Keinesfalls ist die öffentlich geförderte Beschäftigung auszuweiten, sondern – kritisch – daran zu beurteilen, wieviel Geförderte nach dem Ende einer Maßnahme in ein dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis eingemündet sind. Aufwand und Nutzen sind hier das Maß der Dinge; sie sind Rechtfertigungsgrundlage für die Entscheidung, ob eine öffentlich geförderte Beschäftigung bzw. Maßnahme als sinnvoll erachtet werden kann oder nicht.

II. Sozialpolitik

1. Grundsätzliches
Die Liberalen Arbeitnehmer sind der Überzeugung, dass Wohlstandwachstum in Deutschland nur durch eine Balance von ökonomischer Dynamik und sozialer Sicherung generiert werden kann. Nur so kann der Soziale Frieden in Deutschland nachhaltig gesichert werden.
Strategien für mehr Wachstum und Beschäftigung müssen einhergehen mit der fortlaufenden Modernisierung der sozialen Sicherungssysteme. Dabei kommt der nachhaltigen Modernisierung der beitragsfinanzierten Säulen der sozialen Sicherung erhebliche Bedeutung zu: Diese müssen dauerhaft finanzierbar, leistungsfähig und generationengerecht sein. Vor diesem Hintergrund sind sämtliche branchenbezogene gesetzliche Sondersysteme, wie beispielsweise im Bereich der Landwirtschaft abzuschaffen. Diese Systeme sind meist defizitär und verursachen wegen ihrer Doppelstrukturen unnötige zusätzliche Kosten; sie sind daher in die allgemeinen gesetzlichen Sozialversicherungssysteme zu überführen.
Trotz der schwierigen demografischen Entwicklung in Deutschland darf es nicht zu weiter ansteigenden Beiträgen in den einzelnen Sozialbersicherungszweigen bei gleichzeitigen Leistungseinschränkungen kommen. Die generationenübergreifende Solidarität muss ein Gleichgewicht zwischen den Leistungsansprüchen der Generationen und deren Finanzierbarkeit schaffen, d.h. einseitige Leistungsausweitungen nur für ältere Personengruppen zu Lasten der Jüngeren müssen unbedingt vermieden werden. Gerade die beitrags- bzw. umlagefinanzierten Sicherungssysteme sind von der Alterung der deutschen Bevölkerung betroffen; deren Finanzierungsbasis wird künftig geschwächt. Künftige Reformen müssen daher leistungsgerecht ausgestaltet werden. Dies darf aber aus Sicht der Liberalen Arbeitnehmer nicht dazu führen, dass die bestehenden gesetzlichen Sozialversicherungen zu Basisversicherungssystemen umfunktioniert werden. Einer weiteren einseitigen, individuellen Verlagerung von Risiken – die gerade durch diese Sicherungssysteme abgedeckt werden sollen – auf die Arbeitnehmer ist eine Absage zu erteilen. Denn kompensatorische, kapitalgedeckte Risikoabsicherungen, die vom Arbeitsverhältnis abgekoppelt sind, führen häufig zur finanziellen Überforderung der Betroffenen und sind insofern ungerecht; sie führen lediglich zur Spaltung der deutschen Gesellschaft.
Allerdings muss das Verhältnis von Solidarität und Subsidiarität überprüft werden. Versicherungsfremde Leistungen sind nicht mehr von den gesetzlichen Sozialversicherungssystemen zu erbringen, sondern müssen aus dem allgemeinen Steueraufkommen finanziert werden. Die Fokussierung auf die originäre Leistungserbringung vermeidet zudem eine ggf. zukünftig notwendige Verbreiterung der Finanzierungsbasis der gesetzlichen Sozialleistungssysteme. D.h. die konsequente Erbringung von originären Versicherungsleistungen durch die gesetzlichen Sozialversicherungsträger macht eine Einbeziehung von weiteren Personenkreisen als künftige Beitragszahler nicht mehr erforderlich.
Zudem sind europäische Harmonisierungstendenzen im Bereich der sozialen Sicherung abzulehnen. Die im Lissaboner Vertrag festgelegte Verantwortung der Mitgliedstaaten für den Bereich der sozialen Sicherung darf nicht durch die Europäische Kommission unterlaufen werden. Daher muss es Ziel europäischer Sozialpolitik sein, die jeweiligen nationalen Sicherungssysteme zu respektieren, unangetastet zu lassen und lediglich zu koordinieren und nicht zu harmonisieren.

2. Kranken-, Pflege- und Unfallversicherung

a. Krankenversicherung
Vor dem Hintergrund der demografische Entwicklung und der überhöhten Verwaltungs- und Bürokratiekosten in der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine durchgreifende und nachhaltige Modernisierung unerlässlich. Dies erfordert umfassende Strukturreformen sowohl auf der Leistungs- als auch der Finanzierungsseite. Die Gesundheitsversorgung muss über neue Anreizmodelle auch in den ländlichen Räumen umfassend gesichert werden. Besonders geeignet erscheinen aus Sicht der Liberalen Arbeitnehmer in diesem Zusammenhang die Förderung der Errichtung von Polykliniken sowie eine kritische Prüfung des bisherigen Hausarztmodells. Die medizinische Überversorgung muss gerade in Ballungsräumen abgebaut werden.
Um die Kostenexplosion in der Krankenversorgung zu dämpfen, dürfen nur noch die wirk-samsten Arzneimittel verschrieben und von der gesetzlichen Krankenversicherung erstattet werden. Grundsätzlich sollen nur die Leistungen durch die gesetzliche Krankenversicherung finanziert werden, die medizinisch notwendig, evidenzbasiert und wirtschaftlich sind.
Um das Kostenbewusstsein der Kassenpatienten zu sensibilisieren, müssen diese – wie dies bereits bei Privatpatienten der Fall ist – eine Rechnung über die für sie erbrachten ärztlichen Leistungen erhalten.
Darüber hinaus sprechen sich die Liberalen Arbeitnehmer gegen die Entkopplung der Gesundheitskostenfinanzierung vom Arbeitsverhältnis aus. Eine Umstellung der Finanzierung in diese Richtung ist unsolidarisch und unsozial.
Zudem sind die Liberalen Arbeitnehmer gegen alle Tendenzen, die die Verstümmelung des gesetzlichen Krankenversicherungssystems zu einem Basissicherungssystem zum Ziel haben. Ein Basissicherungssystem führt zu einer Zwei-Klassen-Medizin, die das deutsche Gesellschaftmodell in Frage stellt.
Um Kosten im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung zu sparen, sollten vielmehr die Organisationsstrukturen bei den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung modernisiert werden, d.h. insbesondere die Zahl der gesetzlichen Krankenkassen muss weiter reduziert und die Gehälter der Vorstandsvorsitzenden der gesetzlichen Krankenkassen gesetzlich begrenzt werden. Aus Sicht der Liberalen Arbeitnehmer ist es unhaltbar, dass der Gesetzgeber den Bereich der Vergütung von Kassenvorständen nicht abschließend geregelt hat. Allein ein Arbeitspapier der Aufsichtsbehörden als Gesetzessurrogat kann nicht den Vorgaben des § 35a Viertes Buch Sozialgesetzbuch – SGB IV entsprechen. Gesetzgeberische Maßnahmen müssen die Grundsätze und Leitlinien der Vorstandsbesoldung abschließend regeln und darauf abzielen, dass die Bemessung der Vorstandsgehälter sich nicht allein an den Versichertenzahlen der Krankenkasse ausrichten darf. Es bedarf vielmehr eines Besoldungsgefüges, das sich an den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ausrichtet und diese konsequent umsetzt.
Damit die Korruption im Gesundheitswesen wirksam bekämpft werden kann, fordern die Liberalen Arbeitnehmer nicht nur Ärzte, sondern alle an der Korruption Beteiligten strafrechtlich zu verfolgen.

b. Pflegeversicherung
Die Pflegeversicherung wird künftig der Sozialversicherungszweig sein, der am stärksten vom demografischen Wandel betroffen ist, denn bereits heute sind massive altersbedingte Kostenexplosionen bei den gesetzlichen Pflegekassen festzustellen. Um den weiter abzusehenden Kostenanstieg entgegenzuwirken bedarf es – wie im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung – ebenfalls umfassender Strukturreformen. Dabei müssen die Pflegeinfrastruktur weiterentwickelt und vorhandene gesellschaftliche Potenziale besser genutzt werden. Keinesfalls darf es zu weiteren Kostenbelastungen für die jüngere Generation in Form von Beitragserhöhungen und ggf. der Erweiterung des Personenkreises von Beitragszahlern kommen. Die umlagefinanzierte gesetzliche Pflegeversicherung muss kosteneffizienter und Generationengerechter ausgestaltet werden. Um das gesetzliche Pflegeversicherungssystem zukunftssicher zu gestalten und die jüngere Generation vor finanzieller Überforderung zu schützen, muss zusätzlich – wie im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung – eine ergänzende kapitalgedeckte Risikovorsorge aufgebaut werden. Allerdings wird eine darüberhinausgehende Ent-kopplung der Pflegekostenfinanzierung vom Arbeitsverhältnis abgelehnt.
Die Sachleistungen in der ambulanten und stationären Pflege sind niederschwellig anzugleichen, damit Fehlanreize zur Verlagerung der Pflege in stationäre Einrichtungen vermieden werden. Die Liberalen Arbeitnehmer sind der Auffassung, dass allein der Grad der Pflegebedürftigkeit für die jeweilige Leistungshöhe maßgeblich sein darf; er sichert finanzielle Entlastungen in diesem Bereich.
Der Begriff der Pflegebedürftigkeit ist derzeit nicht gesetzlich etabliert. Somit hatten die Versicherten bisher nicht die Chance, dass ihre Bedarfe mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen ausreichend abgebildet wurden. Daher fordern die Liberalen Arbeitnehmer schnellstmöglich eine bundesweit anerkannte und mit UN-Recht vereinbare Definition von Pflegebedürftigkeit einzuführen.

c. Unfallversicherung
Die gesetzliche Unfallversicherung gewährleistet den Arbeitsschutz und die Arbeitsgestaltung in den Unternehmen. Zu prüfen ist aus Sicht der Liberalen Arbeitnehmer, inwieweit die teilweise bestehende Überversorgung durch Doppelbezug von Unfallrente und Arbeitsentgelt sowie von Unfall- und Altersrente korrigiert werden muss. In diesem Zusammenhang ist das bestehende nebeneinander von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Unfallversicherung kritisch zu hinterfragen.
Arbeitsschutz und Arbeitsgestaltung leisten einen wirksamen Beitrag zur Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz. Allerdings ist dieser Bereich so stark von gesetzlichen Vorschriften durchdrungen, dass viele Arbeitgeber, insbesondere die kleinen und mittelgroßen Unternehmen, nicht mehr wissen, wie sie den gesetzlichen Anforderungen entsprechen können. Daher fordern die Liberalen Arbeitnehmer eine Entflechtung des Vorschriftendschungels und die Beseitigung des damit verbunden bürokratischen Ballasts.

3. Rentenversicherung
Die gesetzliche Rentenversicherung ist als umlagefinanzierte Alterssicherung vordergründig heute besser auf die zu erwartenden demografischen Veränderungen vorbereitet, als dies früher der Fall war. Durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz wurden viele Änderungen eingeführt, die das System der Alterssicherung verbessern, nicht aber zwingend zur Generationengerechtigkeit beitragen. Denn neben der Anhebung der Regelaltersgrenze bis 2029 auf 67 Jahre sinkt das langfristige Rentenniveau auf ca. 45%. So richtig beide Maßnahmen sind, um die Rentenausgaben langfristig zu begrenzen und damit die dauerhafte Finanzierbarkeit der Rentenversicherung sicherzustellen, um so falscher war die aktuell beschlossene Ausnahmeregelung für besonders langjährig Versicherte. Durch die Regelungen des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes können nunmehr vorübergehend sogar Versicherte schon ab 63 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen. Die beitragsbelastende Wirkung der vorübergehenden Altersgrenzenabsenkung führt im Ergebnis zu einer nicht zu rechtfertigenden Besserstellung einer Versichertengruppe gegenüber den übrigen Rentnern und künftigen Rentnern. Zudem ist sie unsolidarisch und ungerecht, denn diese einseitige Privilegierung begünstigt fast ausschließlich Bezieher höherer Renten und überwiegend Männer.
Vor diesem Hintergrund fordern die Liberalen Arbeitnehmer vom Gesetzgeber keine weiteren rentenpolitischen Maßnahmen zu beschließen, die die aktuellen Beitragszahler weiter belasten. Die Balance zwischen zu erwartender Renten und aktuell finanzierten Renten muss gesichert bleiben. Mit der Alterssicherung darf kein Wahlkampf betrieben werden! Vielmehr sind maßvolle Maßnahmen zur Demografiefestigkeit der Alterssicherungssysteme erforderlich, um die Beitragszahler finanziell nicht zu überfordern. Die Beitragszahlungen dürfen nicht weiter steigen, auch damit die Lohnzusatz- und damit die Arbeitskosten nicht weiter anstiegen, denn der Anstieg dieser Kosten erschwert den Erhalt und die Schaffung neuer Arbeitsplätze.
Um die Finanzierbarkeit des gesetzlichen Rentenversicherungssystems langfristig zu sichern, müssen künftig alle nicht beitragserworbene – also versicherungsfremde – Leistungen, wie die überwiegend fürsorgerisch motivierte Hinterbliebenenversorgung und teure Ausnahmeregelungen für einzelne Versichertengruppen bei der schrittweisen Anhebung der Regelaltersgrenze, zurückgeführt werden.
Da langfristig die Absenkung des Rentenniveaus demografiebedingt unvermeidbar ist, fordern die Liberalen Arbeitnehmer eine Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge. Daher müssen künftig die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass auch klein- und mittelgroße Unternehmen ihren Beschäftigten Angebote für eine betriebliche Altersvorsorge anbieten können. Damit der Abschluss von Vereinbarungen über die Durchführung der betrieblichen Altersvorsorge sowohl für Arbeitgeber als auch für die Arbeitnehmer attraktiv ist, müssen Gehaltsumwandlungen von derzeit 4% auf künftig bis zu 10% ermöglicht werden. Zudem fordern die Liberalen Arbeitnehmer, dass im Falle der Auszahlung der Betriebsrente nicht mehr durch die Kranken- und Pflegeversicherung verbeitragt werden; diese Zahlungen sollen künftig sozialversicherungsfrei sein.
In diesem Zusammenhang sprechen sich die Liberalen Arbeitnehmer gegen eine EU-weite Portabilität der betrieblichen Altersvorsorge aus. D.h. Ansprüche aus der deutschen betrieblichen Altersvorsorge sollen auch zukünftig nicht innerhalb der EU exportiert werden.
Forderungen nach einem weiteren Ausbau von kapitalgedeckten Alterssicherungssystemen, wie beispielsweise im Rahmen der staatlichen Riester-Förderung lehnen die Liberalen Arbeitnehmer jedoch ab. Sie tragen nicht zur Stärkung des – der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung zu Grunde liegenden – Äquivalenzprinzips und der Akzeptanz des bestehenden Rentensystems bei, da die eingezahlten Gesamtbeiträge nicht – wie ursprünglich gewollt – die eigenen Rentenanwartschaften tatsächlich erhöhen. Die Kombination aus umlage- und kapitalmarktfinanzierten Alterssicherungssystemen führt unter den Bedingungen globalisierter Finanzmärkte mit ihren weltweit spürbaren Krisen zu einer Verstärkung der Unterfinanzierung künftiger Rentenanwartschaften. Denn neben dem demografisch bedingten Sinken der Rendite der umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung kommen Renditeverlusten in nicht vorhersehbaren Krisenzeiten bei kapitalgedeckten Alterssicherungssystemen hinzu.
Die Liberalen Arbeitnehmer treten für eine Ost-West-Rentenangleichung ein. Diese Rentenangleichung darf jedoch nicht ausschließlich zu Lasten der Beitragszahler der gesetzlichen Rentenversicherung gehen, sondern ist aus dem allgemeinen Steueraufkommen zu finanzieren. Die deutsche gesetzliche Rentenversicherung hat der Vergangenheit – in unzulässiger Weise – viele Lasten der Wiedervereinigung Deutschlands übernommen. Diese Rentenangleichung ist eine notwendige gesamtdeutsche Folge der deutschen Wiedervereinigung und daher auch Gesamtdeutsch aus Steuereinnahmen zu finanzieren.

4. Arbeitslosenversicherung
Mit der Agenda 2010 wurde das die deutsche Arbeitslosenversicherung tragende Prinzip des «Förderns und Forderns» etabliert und die beitragsfinanzierte Versicherung stärker auf ihr Kerngeschäft konzentriert, nämlich die Dauer von Arbeitslosigkeit zu verkürzen und Vermittlungen in versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zügig durchzuführen. Durch den konsequenteren Einsatz der verfügbaren arbeitsmarktpolitischen Instrumente und der aktuell robusten wirtschaftlichen Lage Deutschlands konnte die Situation vieler Arbeitsloser verbessert. Zudem wurden die Ausgaben der Bundesagentur für Arbeit spürbar reduziert sowie der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung auf 6,5% gesenkt, Überschüsse erwirtschaftet und dadurch Rücklagen gebildet.
Die positive finanzielle Lage darf aus Sicht der Liberalen Arbeitnehmer nicht dazu führen, dass das Finanzpolster der Bundesagentur für Arbeit dafür genutzt wird, Ansprüche auszudehnen, indem beispielsweise der Zugang zur Arbeitslosenversicherung durch die Erweiterung der Rahmen von zwei auf drei oder mehr Jahren erleichtert wird, oder gesamtgesellschaftliche Aufgaben – also versicherungsfremde Leistungen – zu übernehmen. Daher lehnen die Liberalen Arbeitnehmer anspruchserweiternde Maßnahmen ab. Auch darf die Bundesagentur für Arbeit keine Aufgaben, wie z.B. das Nachholen eines Hauptschulabschlusses oder Ausgaben für Werkstätten für behinderte Menschen, die nicht in den allgemeinen Arbeitsmarkt integriert werden können, übernehmen. Gesamtgesellschaftliche Aufgaben müssen aus Steuermitteln und nicht aus Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung finanziert werden.
Die Bundesagentur für Arbeit ist nach Auffassung der Liberalen Arbeitnehmer ausschließlich auf die erfolgreiche Weiterentwicklung zur Steuerung arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen und ihren Kernbereich der Leistungserbringung, der Vermittlung, Beratung und gezielten arbeitsmarktpolitischen Förderung auszurichten.
Die Vermittlung von Arbeitslosen durch private Dienstleister hat sich nicht bewährt. Stattdessen stellen die Liberalen Arbeitnehmer fest, dass die Form der privaten Arbeitslosenvermittlung häufig nicht im Interesse der Arbeitslosen erfolgt. Zudem zeigt die Vergangenheit, dass die Vermittlung durch private Anbieter stark missbrauchs- und korruptionsanfällig ist. Daher fordern die Liberalen Arbeitnehmer die Abschaffung der privaten Arbeitsvermittlung.
Die Liberalen Arbeitnehmer sind gegen die Einführung einer europäischen Arbeitslosenversicherung. Dies würde eine unnötige neue Bürokratie auf EU-Ebene schaffen ohne das diese wirksam Steuerungsmöglichkeiten im Kampf gegen Arbeitslosigkeit innerhalb der EU besäße. Mit einer europäischen Arbeitslosenversicherung würde höchstens ein dauerhafter finanziellen Fehlanreiztransfermechanismus geschaffen werden, der die Kosten der Arbeitslosigkeit – also die Kosten fehlender Bemühungen eines Mitgliedstaat, notwendige Strukturreformen durchzuführen – vergemeinschaftlicht. Eine Vergemeinschaftung der Kosten der Arbeitslosigkeit wird von den Liberalen Arbeitnehmern abgelegt; sie ist auch nicht durch den Vertrag von Lissabon gedeckt. Zudem wäre sie mit der traditionellen Ausrichtung der jeweiligen sozialen Sicherungssysteme und Arbeitsmarktordnungen in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten unvereinbar.

5. Armutsbekämpfung
Armut in Deutschland hat unterschiedliche Gründe und vielfältige Facetten. Die ist häufig verbunden mit der Frage nach sozialer Gerechtigkeit und mit mannigfaltigen Umverteilungsforderungen.
Liberale Arbeitnehmer sind der Auffassung, dass eine Teilhabe am Arbeitsmarkt zu fairen Löhnen Armut im Arbeitsleben, aber auch Altersarmnut vermeiden kann. Daher ist der Schaffung von guten, fair entlohnten Arbeitsplätzen in Zukunftsindustrien die höchstmögliche Aufmerksamkeit zu schenken. Gesetzliche oder tarifpolitische Maßnahmen, die den (Wieder-)Einstieg in das Arbeitsleben erschweren oder unmöglich machen werden abgelehnt.
Wenngleich die Liberalen Arbeitnehmer in dem sog. «Niedriglohnsektor» eine sinnvolle Möglichkeit zur Eingliederung von Geringqualifizierten in den Arbeitsmarkt sehen, lehnen wir die Ausweitung des Niedriglohnbereiches ab. In diesem Zusammenhang fordern die Liberalen Arbeitnehmer, dass die sog. «Mini- und Midi-Jobs» nur für bestimmte Branchen (z.B. Gastronomie, Sicherheitsgewerbe) in einem geringen Umfang zulassen. Die Arbeitsangebote sind vor allem bei Studenten, Praktikanten und Rentnern als zusätzliche Erwerbsmöglichkeit sehr gefragt und sollten diesen Menschen auch nicht vorenthalten werden.
Der wirksamste Schutz gegen Armut ist Bildung, Leistungswille und eine faire Entlohnung. Um wirksame Armutsprävention betrieben zu können, muss das aktuelle Bildungssystem in Deutschland reformiert werden. Die föderalistischen Strukturen sind zu beseitigen und mehr qualifizierte Lehrer zentral in Bundesverantwortung einzustellen.
Teilhabe am Arbeitsleben verhindert zudem Altersarmut. Schließlich bildet das Rentenniveau des einzelnen dessen Erwerbsbiographie ab. Wer kaum versicherungspflichtig beschäftigt war oder eine schlechte Entlohnung während seiner Beschäftigung erhielt, bekommt eine geringe Rente.
Liberale Arbeitnehmer vertreten daher die Auffassung, dass der beste Schutz gegen Altersarmut ein hohes Beschäftigungsniveau, durchgehende Erwerbsbiografien bei fairer – möglichst über den gesetzlichen Mindestlohn liegende – Entlohnung sind. Hierauf sollten künftig alle Bestrebungen des Gesetzgebers, der Tarifpartner aller sonstigen Beteiligten gerichtet sein.
Viele Selbständige, die keine Beschäftigte haben, betreiben Selbstausbeutung. Sie arbeiten meist unter dem gesetzlichen Mindestlohn und zahlen auch nicht in die gesetzlichen Sozialversicherungssysteme oder versichern sich privat gegen soziale Risiken. Die Folge dieses eigensinnigen Handelns ist häufig, dass die Gemeinschaft bei Eintritt entsprechender Risikofälle eintreten muss. Damit die Gesellschaft für in unzulässiger Weise in die Haftung für die Entscheidung des Einzelnen genommen. Um diesem Trend zu begegnen, befürworten die Liberalen Arbeitnehmer die Einführung einer gesetzlichen Vorsorgeverpflichtung für sog. «(Solo-) Selbstständige». Wie diese Gruppe dieser Verpflichtung nachkommen muss. Ist gesetzlich klar zu regeln; Vorsorgeentscheidungen der Vergangenheit sollten dabei angemessen berücksichtigt werden.

III. Tarifpolitik

1. Grundsätzliches
Arbeits- und Einkommensbedingungen vieler abhängig Beschäftigter werden durch Tarifverträge geregelt, also durch Vereinbarungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände. Die gesetzlichen Grundlagen sind das Tarifvertragsgesetz (TVG) vom 9. April 1949 sowie Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes. Die Tarifautonomie ist somit verfassungsrechtlich geschützt und darf werden vom Staat missachtet noch von den jeweiligen Tarifvertragspartnern missbraucht werden.
Gerade wegen der rückläufigen Zahl der Beschäftigten, die tariflich organisiert ist, sinkt seit Jahren der Grad der Tarifgebundenheit. Gleiches gilt für die tarifliche Bindung von Unternehmen; sie ist ebenfalls stark abnehmend. Vor diesem Hintergrund der abnehmenden Bedeutung der Tarifvertragsparteien als Interessensvertreter von Arbeitnehmern und Arbeitgebers sehen die Liberalen Arbeitnehmer die Rolle der Tarifvertragspartner sehr kritisch. Denn zu oft werden nicht die tatsächlichen Interessen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber vor Ort berücksichtigt, sondern Tarifabschlüsse getätigt, die im Ergebnis nur den Machterhalt der jeweiligen Funktionäre sichert. Liberale Arbeitnehmer sind gegen unsinnige Tarifabschlüsse, die machtpolitisch motiviert sowie arbeitsplatzgefährdend sind und an den Realitäten vor Ort vorbeigehen.

2. Tarifeinheit
In Deutschland ist es für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern attraktiver geworden, ihre spezifischen Interessen selbständig – eigenverantwortlich – zu vertreten. Die grundgesetzlich verbriefte Koalitionsfreiheit ist ein hohes Gut, das allerdings nicht zur Aushöhlung des Grundsatzes „Gleicher Lohn für Gleiche Arbeit“ führen darf. Tarifvertragsverhandlungen sind also ggf. zwischen mehr als zwei Parteien zu führen. Das Ergebnis muss ein Tarifvertrag sein, in dem die Forderungen aller beteiligten Gewerkschaften und die Vorstellungen der betrof-fenen Arbeitgeber sich abgewogen widerfinden. Ein Gesetz, dass nur der jeweils stärksten Gewerkschaft das Recht zubilligt, sich im Tarifvertrag widerzufinden, lehnen die Liberalen Arbeitnehmer ab und gehen davon aus, dass es vor dem Bundesverfassungsgericht auch keinen Bestand haben würde. Daher unterstützen die Liberalen Arbeitnehmer alle Anstrengungen die das Ziel haben, die Tarifeinheit, also das Prinzip «einen Tarifvertrag in einem Betrieb» zu wahren. Konflikte zwischen konkurrierenden Gewerkschaften innerhalb eines Betriebes, die für dieselben Berufsgruppen unterschiedliche Tarifverträge aushandeln wollen müssen vermeiden werden und sollte daher nach dem Mehrheitsprinzip gelöst werden. Das bedeutet, dass im Konfliktfall der Tarifvertrag der Gewerkschaft gelten soll, die im Betrieb die meisten Arbeitnehmer vertritt. Für die Liberalen Arbeitnehmer sind unterschiedliche Löhne und Lohnstrukturen sowie Arbeitsbedingungen innerhalb einer Berufsgruppe eines Unternehmens inakzeptabel. Vielmehr muss in einem tarifgebundenen Unternehmen gelten: « Gleiche Arbeitsbedingungen für gleiche Arbeit!» Nur so kann sowohl die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie als die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft gesichert werden.

3. Mindestlohn
Gesetzliche Mindestlöhne gibt es weltweit und auch in den meisten EU-Mitgliedstaaten. Vor der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland in Höhe von 8,50 € gab es bereits in verschiedenen Branchen gesetzliche Mindestlöhne nach dem Mindestarbeitsbedingungengesetz. Daher war es nur eine Frage der Zeit, bis in Deutschland ein für alle Arbeitnehmer gültiger gesetzlicher Mindestlohn eingeführt wurde.
Die Liberalen Arbeitnehmer haben sich immer für die Einführung einer Lohnuntergrenze eingesetzt, der zwar im Endeffekt auch ein Mindestlohn ist, aber die Besonderheiten von Branchen, Regionen und eventuell Qualifikationen berücksichtigt. Der flächendeckende (politisch gewollte) Mindestlohn hat infolge von handwerklichen Fehlern des Gesetzgebers, hier u.a. ein bürokratisches Monster entstehen lassen, das die Arbeitskosten über das gleichgewichtige, markträumende Niveau hebt, sodass die Gefahr der Zunahme, insbesondere von struk-tureller Arbeitslosigkeit entsteht oder zunimmt. Mit dem Mindestlohn werden Einstellungshürden geschaffen, die für geringqualifizierte Arbeitnehmer kaum zu überwinden sind. Diese Nachteile wiegen aber die Vorteile für die arbeitenden Bevölkerung, die mit der Einführung des Mindestlohns verbunden sind, aus Liberaler-Arbeitnehmer-Sicht nicht auf.
Mit dem gesetzlichen Mindestlohn werden ausbeuterische Lohnstrukturen vermieden. Zudem wird dem Lohndumping in Deutschland ein Riegel vor die Tür geschoben und ausländische Anbieter von Dienstleistungen verlieren unzulässige Wettbewerbsvorteile gegenüber den deutschen Konkurrenten, da sie nunmehr die gleichen Löhne zahlen müssen. Darüber hinaus trägt der Mindestlohn zur Verringerung von Armut und entsprechender Risiken bei: Durch ihn wird die Zahl der in Vollzeit beschäftigten «Aufstocker» signifikant zurückgehen. Dadurch werden die Steuerzahler erheblich entlastet werden. Bei den Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II ist mit von 600 bis 900 Millionen Euro zu rechnen. In der Folge wird auch die Zahl der von Altersarmut Bedrohten sinken, denn deren Rentenniveau wird künftig steigen, sodass in vielen Fällen, die Zahlung der Grundsicherung im Alter nach dem SGB XII nicht mehr notwendig werden wird.
Allerdings ist auf Folgendes hinzuweisen: Trotz Mindestlohns wird eine Familie mit zwei Kindern in Deutschland weiterhin unterhalb des steuerlichen Existenzminimums leben. Daher ist nicht nur nominaler Mindestlohn ausreichend. Daher plädieren die Liberalen Arbeitnehmer sowohl für eine Reform der Umsatzsteuer, als auch eine steuerfinanzierte Grundlage des Sozialversicherungssystems. Die derzeitige Regelung belastet einseitig die Leistungsträger und die Schwächsten in unserer Gesellschaft: Die Arbeitnehmer.
Der Kritik von Unternehmen über zu viel Bürokratie beim Mindestlohn muss Rechnung getragen werden. Daher müssen sowohl die Generalunternehmerhaftung bei Mindestlohn-Verstößen von Subunternehmern abgeschafft als auch das Chaos in der Umsetzung der Mindestlohnregeln beseitigt werden. Vor allem die Aufzeichnungspflicht für Arbeitgeber, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit zu erfassen muss realitätsnah angepasst werden.

4. Beschäftigtendatenschutz
Bis heute existiert in Deutschland immer noch kein wirksamer Beschäftigtendatenschutz. Ein diesbezüglicher Gesetzesentwurf liegt weiterhin auf Eis. Daher fordern die Liberalen Arbeitnehmer die zügige Verabschiedung eines Beschäftigungsdatenschutzgesetzes, das insbesondere die heimliche Videoüberwachung von Beschäftigten unterbindet und diese so besser vor diesbezüglichen unzulässigen arbeitgeberseitigen Kündigungen stützt. Es müssen Regelungen entwickelt werden, durch die die Erhebungs-, Verarbeitungs- und Nutzungsbefugnisse von Arbeitgebern auf Kosten der Beschäftigten begrenzt werden. Die datenschutzrechtliche Situation von Beschäftigten müssen grundlegend und erheblich verbessert werden. Daher muss die Erstellung von Persönlichkeitsprofilen der Beschäftigten gesetzlich untersagt und eine allgemeine «Lizenz zur Kontrolle», die auch verdachtslose Screenings von E-Mails und Internetzugriffen ermöglicht verboten und unter Strafe gestellt werden.

IV. Inklusion

1. Grundsätzliches
Die Gewährleistung der Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen ist eine der schwierigsten sozialpolitischen Aufgaben. Die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen im Arbeits- und Berufsleben ist für die Liberalen Arbeitnehmer ein wichtiges Anliegen. Vorurteile über die begrenzte Leistungsfähigkeit müssen aufgebrochen und beseitigt werden. Gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels müssen Menschen mit Behinderungen als Aktivierungspotential erkannt und durch passgenaue Qualifizierung entsprechend ihrer Stärken und Schwächen in das Arbeits- und Berufsleben integriert werden.
Ziel der Inklusion und einer inklusive Gesellschaft ist es nach dem Verständnis der Liberalen Arbeitnehmer gerade kein Sondersystem für Menschen mit Behinderungen schaffen, sondern eine volle gesellschaftliche Teilhabe und die Einbeziehung in die Gesellschaft und Partizipation von Anfang an zu erreichen. Inklusion erfordert daher vorrangig Anpassungsleistungen der Gesellschaft und der Verwaltung. Ausgrenzungen müssen insoweit durch präventive Ma߬nahmen vermieden werden. Das bedeutet u.a., dass Menschen mit und ohne Behinderungen gemeinsam auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten sollen.

2. Teilhaberecht
Entscheidend für eine erfolgreiche Integration von behinderten Menschen in den ersten Arbeitsmarkt ist die effektive Nutzung des umfassenden Förderspektrums nach den verschiedenen Sozialgesetzbüchern. Leider fehlt es bis heute an einem überschaubaren Gesamtkonzept, das allen Betroffenen mehr Chancen zur erfolgreichen Integration in den ersten Arbeitsmarkt eröffnet. Daher fordern die Liberalen Arbeitnehmer gesetzliche Regelungen, die im Sinne eines Integrationskonzepts die bestehenden Förderinstrumente und deren Regelungen vereinfacht, in dem bedarfsorientierte Hilfen im Rahmen eines Gesamtbudget trägerübergreifen zur Verfügung stellt werden und keine weiteren Schutzvorschriften vorsieht, die die Einstellungshürden von behinderten Menschen weiter erhöhen.

3. UN-Behindertenrechtskonvention
Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) ist am 1. Januar 2009 in Deutschland in Kraft getreten und richtet sich besonders an die staatlichen Arbeitgeber. Sie sind aufgefordert, eine besondere Verantwortung für die soziale und gesund¬heitliche Sicherung in Deutschland zu übernehmen. Daher fordern die Liberalen Arbeitnehmer alle öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber auf, zeitnah einen Aktionsplan zu erstellen, der die Partizipation von Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen und öffentlichen Leben selbstverständlich werden lässt.

V. EU-Politik

1. Grundsätzliches

Das europäische Sozialmodell hat durch die Finanz- und Wirtschaftskrise sehr gelitten. Es galt als Wohlstandfördernd und war Vorbild für andere Länder auf der Welt. Die Krise in Europa und somit auch der Verlust an sozialem Wohlstand in der EU waren nicht nur finanzpolitisch bedingt, sondern auf die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit einzelner Volkswirtschaften der EU-Mitgliedstaaten zurückzuführen. Leider haben bis heute einige Krisenstaaten noch nicht erkannt, dass die Verbesserung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit der Schlüssel zu sozialem Wohlstand ist. Europäische Solidarität bedeutet nicht, dass marode, nicht wettbewerbsfähige Volkswirtschaften ohne aktiven Willen zu Strukturreformen durch die anderen Mitgliedstaaten am Leben erhalten werden. Denn Europäische Solidarität ist keine Einbahnstraße, sondern erfordert Reformanstrengungen einer Seite um Hilfen für den Reformprozess von einer anderen Seite zu erhalten.
Vor diesem Hintergrund sprechen sich die Liberalen Arbeitnehmer gegen sämtliche Maß-nahmen auf europäischer Ebene aus, die das Ziel haben, Schulden der EU-Mitgliedstaaten zu Vergemeinschaftlichen und wettbewerbsfähige Mitgliedstaaten durch pseudosolidarische Maßnahmen, wie beispielsweise Exportkontroll- oder Sanktionsmaßnahmen zur Regulierung von Leistungsbilanzüberschüssen, zu schwächen.
In diesem Zusammenhang erteilen die Liberalen Arbeitnehmer auch der Etablierung einer sog. «Europäischen Arbeitsvermittlung» eine Absage. Denn sie würde nicht nur zu unzulässigen Harmonisierungen im Bereich der Sozialen Sicherung führen, sondern über Umwegen, zu einer Vergemeinschaftlichung von wirtschafts- und finanzpolitischen Risiken beitragen. Überdies ist hierbei mit einer überbordenden europäischen Bürokratie zu rechnen, sodass kein wirksamer Beitrag zur Verringerung von Arbeitslosigkeit in Europa geleistet werden würde. Im Gegenteil, funktionierende und finanziell ausreichend gefestigte Arbeitslosenversicherungssysteme würden geschwächt und reformunwillige Mitgliedstaaten in ihrem Verharren, notwendige Reformen aufzuschieben oder ganz zu vermeiden, gestärkt. Diesen Fehlanreizen gilt es aus Sicht der Liberalen Arbeitnehmer unbedingt entgegenzutreten. Europäische Solidarität bedeutet eben nicht, reformunwillige Mitgliedsaaten und deren defizitäre Sozialleistungssysteme zu finanzieren, sondern Hilfe zur Selbsthilfe geben.

2. Reform der Wanderarbeitnehmer-Verordnung
Die Liberalen Arbeitnehmer bekennen sich zur Arbeitnehmerfreizügigkeit und treten für die Verbesserung der innereuropäischen Mobilität der Arbeitnehmer ein. Vor diesen Hintergrund gilt es u.a. ständig die Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 883/2004 und ihrer Durchführungsverordnung auf deren Wirksamkeit zur überprüfen. Die Ankündigungen der Europäischen Kommission, Änderungen im Bereich der Koordinierung der Leistungen bei Arbeitslosigkeit sowie der Pflegeversicherung vornehmen zu wollen, sehen die Liberalen Arbeitnehmer sehr kritisch.
So wird im Bereich der Koordinierung von Leistungen der Arbeitslosenversicherung einer Änderung des Wohnortstaatsprinzips, wonach Personen bei Arbeitslosigkeit Leistungen des Wohnmitgliedstaates erhalten, wird eine klare Absage erteilt. Arbeitslose Personen sollen von dem Mitgliedstaat Leistungen erhalten, wo für sie besten Möglichkeiten einer Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt bestehen. Nach Auffassung Liberalen Arbeitnehmer ist dies grundsätzlich der Wohnmitgliedstaat, da dort die engen sozio-kulturellen Bindungen der betroffenen Person bestehen (Familie, Freundeskreis, Vereine, Aktivitäten, Sprache). Der Ansatz, dass der Ort der Beschäftigung über den Lebensmittelpunkt entscheidet ist unter diesem Gesichtspunkt der falsche Weg.

3. Leistungsgewährung an EU-Bürger
Die Liberalen Arbeitnehmer respektieren die unterschiedlichen Sozialleistungssysteme und Leistungsniveaus der EU-Mitgliedstaaten an. Als EU-Mitgliedstaat hat Deutschland neun angrenzende EU-Mitgliedstaaten, deren Sozialleistungssysteme unterschiedlich ausgestaltet sind und zum Teil deutlich niedrigere Leistungsniveaus besitzen. Daher sprechen sich die Liberalen Arbeitnehmer gegen den Missbrauch der Freizügigkeitsrechte aus und fordern verstärkte Maßnahmen im Kampf gegen den sog. «Sozialtourismus». Nur die, die nach Deutschland zum Arbeiten kommen, sollen auch gegen die damit verbundenen sozialen Risiken abgesichert werden. Insofern muss auch der Export von Kindergeld kritisch überprüft und an die Art der Beschäftigung angepasst werden. D.h. künftig muss insbesondere der Export von Kindergeld und anderen Familienlastenausgleichzahlungen für eine in Deutschland ausgeübte geringfügige Beschäftigung ins EU-Ausland beendet werden.

Programm der Liberalen Arbeitnehmer Sachsen (PDF-Download)

[Quellen:
[1]    Pressemitteilung Nr. 7 des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 11.2.2015 (http://www.bmas.de/DE/Service/Presse/Pressemitteilungen/fortschrittsbericht-fachkraefte-fuer-2014.html;jsessionid=9EE1B255280CB68AAA855CA9E20C17C9)

[2]     UN-Behindertenrechtskonvention in Kraft seit 1.1.2009 durch das Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13.12.2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie zu dem Fakultativprotokoll vom 13.12.2006 (BGBl. II S. 1419)

[3]     Gesetz zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1791)

[4]     Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 23. Juni 2014 (BGBl. I S. 787)

[5]     Nach Aussage der BDA beliefen sich allein im Jahr 2013 die Ausgaben für gesamtgesellschaftliche Aufgaben auf rund 3,91 Mrd. Euro. Dies würde rund 12 Prozent der Gesamtausgaben der BA entsprechen. Seit 2003 hätte nach BDA-Auffassung die Bundesagentur für Arbeit insgesamt sogar mehr als 80 Mrd. Euro für gesamtgesellschaftliche Aufgaben ausgegeben.

[6]    Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns vom 11.08.2014 (BGBl. I S. 1348)

[7]     Vgl. Information des BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt vom 26.2.1015 (http://www.faz.net/agenturmeldungen/unternehmensnachrichten/bundesagentur-erwartet-millionen-einsparungen-durch-mindestlohn-13451420.html)

[8]    UN-Behindertenrechtskonvention in Kraft seit 1.1.2009 durch das Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13.12.2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie zu dem Fakultativprotokoll vom 13.12.2006 (BGBl. II S. 1419)

[9]     Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit]

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