Sehr geehrter Herr Zastrow,
der NETZWERKER beabsichtigt sich in seiner nächsten Ausgabe mit dem Thema der „Arbeitnehmerfreizügigkeit in Europa ab dem 01.Mai 2011“ auseinander zu setzen. Wir möchten zu dieser Thematik gern mit Ihnen ein kurzes Interview führen:
Der Freistaat Sachsen grenzt unmittelbar an Polen und Tschechien. Kein Wunder, dass die Bürger hinsichtlich der zum 01.Mai 2011 erfolgenden umfassenden Öffnung unseres Arbeitsmarktes für alle Arbeitnehmer aus den benannten Beitrittsstaaten hier und dort mit Besorgnis entgegen gesehen.
1. Wie bewerten Sie allgemein die Herstellung der Arbeitnehmerfreizügigkeit in der Europäischen Union
2. Welche Chancen und Risiken verbinden sich für Sie aus sächsischer Sicht?
Arbeitnehmern mit Berufsausbildung oder einem Hochschalabschluss war es bereits vor Öffnung der Arbeitsmärkte möglich entsprechende Arbeitsgenehmigungen zu erhalten. Eine massive Zuwanderung von nicht-oder gering qualifizierten Arbeitskräften könnte zu Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt derart führen, dass Zeitarbeitsunternehmen aus diesen Ländern auf dem deutschen Markt aktiv werden.
3. Teilen Sie diese Auffassung, wenn ja , wie sollte man einem Lohnwettbewerb nach unten gegensteuern?
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Die Fragen rund um die Chancen und Risiken der zum 1. Mai in Kraft getretenen Arbeitnehmerfreizügigkeit beantwortet Holger Zastrow, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Sächsischen Landtag zusammenfassend wie folgt:
„Die Realität wird zeigen, dass Deutschland und speziell auch Sachsen von der neuen Arbeitnehmerfreizügigkeit überwiegend profitieren. Für Panikmache hinsichtlich einer Masseneinwanderung von Osteuropäern gibt es keinen Grund. Es wird keinen Ansturm zu Lasten deutscher Arbeitnehmer geben. Wir sollten in Sachsen das Selbstbewusstsein haben, um kluge Köpfe aus unseren osteuropäischen Nachbarländern zu werben. Denn der Fachkräftemangel wird in Sachsen immer stärker spürbar. Rund 4.000 Ausbildungsplätze im Freistaat sind beispielsweise zurzeit noch unbesetzt; aufgrund rückläufiger Schülerzahlen geht auch die Zahl der Lehrverträge stetig zurück. Qualifizierte Arbeitnehmer aus dem EU-Ausland nach Sachsen zu holen kann ein Baustein von vielen sein, den Fachkräftebedarf in Sachsen langfristig zu decken.
Bleibt zu hoffen, dass es jetzt nicht schon bereits zu spät ist: Viele junge, gut ausgebildete Menschen aus unseren östlichen Nachbarländern sind bereits in Länder gegangen, die sie früher als wir willkommen geheißen haben, beispielsweise nach Großbritannien und Irland. Deshalb müssen wir weiter konsequent für eine Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte sorgen. Und Sachsen tut das, ich erinnere nur an die sächsische Zuwanderungsinitiative von Wirtschaftsminister Morlok und Innenminister Ulbig.
Doch machen wir uns nichts vor: Allein durch Zuwanderung werden wir die Nachwuchsprobleme unseres Arbeitsmarktes nicht lösen können. Wir werden daher weiterhin unseren Weg gehen, Sachsen als Bildungsland Nummer 1 in Deutschland zu etablieren und familienfreundliche Rahmenbedingungen zu bieten.“
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